Hinweis

1.) Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12.03.2013
Die Arbeitnehmerin war am 20.01.2010 verstorben. Vom 10.02.2007 bis zu ihrem Tod war sie durchgehend arbeitsunfähig krank. Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22.10.2009 zum 31.12.2009 gekündigt. Gegen die Kündigung hatte die Erblasserin Kündigungsschutzklage erhoben und hilfsweise die Abgeltung des Urlaubs beantragt. Das Arbeitsgericht hatte damals festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung, sondern erst durch den Tod der Arbeitnehmerin am 20.01.2010 beendet worden sei. Die Klägerin ist die Erbin der Arbeitnehmerin. Sie verlangt nunmehr die Urlaubsabgeltung für aufgelaufene Urlaubsansprüche im Zeitraum von 2006 bis 2009. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen.

Das Bundesarbeitsgericht hat am 12.03.2013 entschieden, dass der Urlaubsanspruch der Erblasserin mit deren Tod untergegangen sei. Der Urlaubsanspruch könne sich nicht in einen Abgeltungsanspruch i.S.v. § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz umwandeln. Die Urlaubsansprüche würden trotz Rechtshängigkeit erlöschen, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod der Arbeitnehmerin endet. Das Bundesarbeitsgericht hat die Revision zurückgewiesen.

2.) Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 12.06.2014
Die Klägerin war Alleinerbin ihres am 19.11.2010 verstorbenen Ehemannes. Seit dem Jahre 2009 bis zu seinem Tod war der Erblasser arbeitsunfähig krank. Zum Zeitpunkt des Todes hatte der Arbeitnehmer einen Anspruch auf 70 Urlaubstage. Die Klägerin verlangt die Abgeltung dieser Urlaubsansprüche.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Anspruch auf Abgeltung des bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaubs im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des Arbeitnehmers nicht entstehe.

Das Berufungsgericht hat den Fall zur Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Dem Europäischen Gerichtshof wurde die Frage gestellt, ob diese innerstaatliche Rechtsprechung mit den Richtlinien der Europäischen Union in Einklang stehe.

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Artikel 7 II der Richtlinie 2003/88/EG einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten entgegenstehe, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugs- oder Übertragungszeitraumes krankgeschrieben war und deshalb seinen Jahresurlaub nicht nehmen konnte. Dies gelte auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers geendet habe. Dies sei unerlässlich, um die praktische Wirkung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub sicherzustellen, der dem Arbeitnehmer nach der Richtlinie zustehe. (EuGH, Urteil vom 12.06.2014 – C 118/13).

3.) Fazit
Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der Europäische Gerichtshof mit dieser Entscheidung eine ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gekippt hat. Es ist daher davon auszugehen, dass das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung entsprechend ändern wird.